Maultaschen keine Kopie von Ravioli


Maultaschen keine Kopie von Ravioli

Immer wieder hört man die Theorie, dass die Schwaben ihre Maultaschen nicht selbst erfunden haben sollen. Vielmehr seien Ende des 17. Jahrhunderts ein paar protestantische Waldenser aus dem Piemont über die Alpen gekommen und hätten ihr Raviolitradition ins Schwabenländle importiert. Meiner Meinung nach ist das Nonsens.

Maultasche – kein Ideenklau

Die Maultasche sei Ideenklau? Unvorstellbar! Einem Volksstamm, der Streichholz, Dauerwelle, Dübel, Motorsäge und das Auto erfindet, kann man wohl zutrauen, dass er auch zu kulinarischen Eigenleistungen fähig ist. Auf die grandiose und zeitlose Idee, in der Fastenzeit das sündige Fleisch in einer Nudeltasche vor den strengen Augen des Herrn zu verbergen, kann nur ein findiges, gnitzes, schwäbisches Tüftele gekommen sein.

Maultaschen sind unvergleichlich

Dafür sprechen zahlreiche Gründe: Maultaschen sind nämlich die mit Abstand komplexeste Teigtasche der Welt. Wie man auf die Idee kommen kann, dass wir Schwaben die Maultaschenidee von so etwas simplem wie italienischen Ravioli abgekupfert hätten, leuchtet schon beim Anblick der so unterschiedlichen Delikatessen nicht ein.

Handgerollte schwäbische Maultaschen haben in Form und Herstellungsart nichts gemein mit den kleinen Teigwaren aus Turin und Umgebung. Die Raviolimeister erfinden laufend unterschiedliche Formen, Farben und Füllungen. Sie sind mal rund, halbrund, dreieckig oder undefinierbar in ihrer Gestalt, aber immer umhüllt der Teig die Füllung vollständig.

Maultaschen bleiben sich treu: rechteckig!

Unsere Maultaschen hingegen sind zunächst sehr sehr viel größer. Hergottsb‘scheißerle waren und sind sich „formell“ immer treu geblieben – rechteckig! Gerollte Maultäschle sind an zwei Seiten offen.

Kein Vergleich: Maultaschen und Ravioli

Ich will keiner Ravioli zu nahe treten: Aber meistens verstecken sich im Teig eher undefinierbare, pampige Füllungen. Wo hingegen die Füllungen der schwäbischen Täschle durch ihre komplexte Textur und Konsistenz zu gänzlich anderen Geschmackserlebnissen führen können (Bedeutung von Konsistenz für Geschmack).

Maultaschen sind komplexer

Ein „Verwandtschaft“ zwischen Ravioli und Maultaschen ist damit so unwahrscheinlich wie zwischen einem Rosmarinbusch und einer deutschen Eiche.

Teigtaschen-Ideen sind parallel entstanden

Also, Maultaschen sind unsere Erfindung! Warum auch nicht? Die Sache ist nicht so kompliziert. Nudeln und Nudelgerichte haben sich vor Jahrhunderten völlig unabhängig voneinander entwickelt. Vielerorts entstanden regionale Teigtaschen-Spezialitäten. In China Dim Sum, in Indien Samosa, in Italien Tortellini, in Polen Pirogi, in Lateinamerika Empanadas und im Schwabenland eben Maultaschen. (gutes Buch dazu)

Fest steht: Die Maultasche ist einzigartig.
Etwas Einzigartiges kann kaum die Kopie sein von etwas anderem.

Maultaschen: Wann und wo erfunden?

Vor über 500 Jahren. Im schwäbischen Kloster Maulbronn. Aber das ist einen andere Geschichte: Wie der Mönch Jakob die Maultasche erfand.

Nicht falsch verstehen

Wir lieben auch frische italienische Ravioli. Die können ebenfalls ein geschmacklicher Hochgenuss sein. Aber sie haben eben mit unseren Original Schwäbischen Maultaschen nichts gemeinsam!

Herrlich: Frische italienische Ravioli

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