Konsistenz der Füllung bei Maultaschen herausragend wichtig


Konsistenz der Füllung bei Maultaschen herausragend wichtig

Von Hand gewickelte Maultaschen mit lockerer, grober Füllung schmecken um Längen besser als industriell-maschinell hergestellte Maultaschen. Letztere sind nämlich typischerweise sehr fest und kompakt mit kleinteilig vermischter Füllung.

Tatsächlich spielen die lockere Konsistenz und grobe Textur eine ganz entscheidende Rolle bei dem Multi-Zutaten-Produkt Maultasche. Denn: Taktile Empfindungen im Mund (Mundgefühl) haben einen unfassbar großen Einfluss auf den Geschmack.

Beim Schmecken wirken viele Sinne mit

Wenn uns etwas herausragend gut schmeckt, ist das immer das Ergebnis von komplexen, multi-sensorischen Effekten:

  • Wie sieht das Essen aus? (Sehsinn; Augen)
  • Welche Geräusche entstehen dabei? (Gehör; Ohren)
  • Welche Geschmacksnoten und -richtungen (sauer, süß, salzig, bitter, umami) sind vorhanden? (9.000 Geschmacksknospen im Mund, Zunge)
  • Welche Aromastoffe nehmen wir wahr? (Geruchssinn; Nase)
  • Welche chemischen Wirkungen werden ausgelöst? (Mund, Mundschleimhäute).
  • Was Fühlen wir im Mund? (Zunge, Lippen, Zähne)

Mundgefühl: Das Fühlen beeinflusst den Geschmack

Es gibt zu diesem Thema ein herausragendes Buch: „Mouthfeel – How Texture Makes Taste!“ Es stammt aus der Feder des dänischen Physikers und Professors für Gastrophysik Ole G. Mouritsen und seinem Co-Autor Klavs Styrbæk. Auf über 350 hochspannenden Seiten legen sie dar, wie komplex Geschmack entsteht und welche lang unterschätze Bedeutung das sogenannte Mundgefühl dabei hat.

Mouthfeel – tolles empfehlenswertes Buch

Mundgefühl ist danach ein Teil des so genannten somatosensorische Systems. Darüber werden im Mund beim Essen physikalische Reize wie Schmerz oder Temperatur ebenso aufgenommen wie taktile Empfindungen wie Druck, Berührung, Dehnung und Schwingungen. Vieles davon wird über die Bewegungen der Zunge erfasst wie Größe, Formen und die Textur des Essens. Zusätzlich liefern auch noch die Nerven in unseren Zähnen Informationen über die Struktur des Lebensmittels, seine Härte, ob knusprig oder elastisch sowie die Größe einzelner Partikel.

Hans Kantereit hat das mal im Foodie-Magazin Effilee so auf den Punkt gebracht:

„Wenn die Nahrung die Lippen berührt oder in den Mund kommt, geschieht dort plötzlich sehr viel auf einmal: Erst greifen die Schneidezähne zu und schneiden ein Stück von der Nahrung ab, die Eckzähne halten es fest und schließlich zerlegen es die Backenzähne so gründlich, dass seine Geschmacks- und Aromasubstanzen freigesetzt werden. (…) Während das geschieht, vollführt die Zunge geradezu akrobatische Bewegungen, um die Nahrung zu untersuchen, umzudrehen, hin und her zu schieben.“

Tolle Erklärungen zu Mundgefühl und Geschmack

Diese Informationen aus dem Mund gelangen unterbewusst direkt in unser Gehirn. Alle diese Reize aus dem Mund zusammen beeinflussen dort unsere Geschmacksempfinden: Schmeckt mir oder schmeckt mir nicht!

Bedeutung von Mundgefühl testen

Mouritsen benutzt in seinem Buch zahllose Beispiele, um darzulegen, wie wichtig das Mundgefühl sein kann. Besonders anschaulich wird es bei Pommes Frites. Wir alle haben hier eine nahezu gleiche Erwartungshaltung. Sie müssen heiß sein, außen knackig-knusprig, innen weich, gut gewürzt. Serviert man uns genau diese Pommes frisch gemixt zu einem Brei sind die Zutaten noch immer identisch, der Geschmack jedoch völlig zerstört – durch das gänzlich andere Mundgefühl.

Nicht bei allen Lebemsmitteln hat das Mundgefühl einen gleich hohen Einfluss auf das Geschmacksempfinden. Bei Original Schwäbischen Maultaschen kann der Einfluss gar nicht hoch genug eingestuft werden.

Geschmack entsteht durch multi-sensorische Einflüsse

Wichtig: Grobe Maultaschen-Füllung

Traditionell werden die Zutaten der Füllung zu Hause von Hand geschnitten und zerkleinert, das Hackfleisch frisch gewolft und alles zusammen von Hand zu einer Masse vermischt. In so einer Maultaschenfüllung gibt es Klümpchen von Zutaten, große und kleine Stücke von Brot, Zwiebeln, Spinat und was auch immer zum Lieblingsrezept gehört. Die entstandene Farce ist quasi unvollkommen vermischt und behält ihre grobe Struktur. Sie wir dann händisch mit dem Teig verbunden, gewickelt, gerollt oder verklebt und gekocht. Die fluffige Konsistenz der Füllung landet dann im Teller – und entwickelt beim Verzehren dieses sensationelle Geschmacks-Erlebnis im Mund und schließlich die erwarteten kulinarischen Genießerhöhepunkte.

Je feiner jedoch die Füllung, je kleiner die einzelnen Zutaten zermahlen werden, desto breiiger wird die Füllung. Eine lockere Struktur kann nicht entstehen in der Maultasche. Zunge, Zähne erfahren keine differenzierte Teigtasche, sondern eine homogene Masse. Ein glücksschaffendes Mundgefühl kann dabei nicht entstehen.

Zurecht betont Mouritsen auf Seite eins seines Mouthfeel-Buches:

„Was wir oft nicht verstehen, ist die Rolle, die die physischen Eigenschaften dessen spielen, was wir in unseren Mund nehmen und wie wir darauf reagieren.“ Tatsächliche stelle sich häufig heraus, dass unser Gefallen an einem Lebensmittel oder dessen Ablehnung mehr davon abhängt, wie es sich in unserem Mund anfühlt, als davon, wie es schmeckt oder riecht.

Und das hängt bei Maultaschen eben mit der Textur der Füllung zusammen!

Grobe Füllung verbessert Mundgefühl und Geschmack

Maultaschen brauchen Luft in der Füllung

Die dänischen Gastrophysiker weisen auf einen weiteren wichtigen Aspekt hin, der gerade bei Maultaschen eine bedeutende Rolle spielt. In manchen Lebensmitteln braucht es eingeschlossene Luft. Ein Beispiel: Den Biss in einen knackig frischen Apfel empfinden wir auch deshalb so lust- und geschmacksvoll, weil dieser aus 25 Prozent Luft besteht.

Bei den handgemachten Maultaschen, wie wir sie von zu Hause, unseren Müttern und Omas kennen, entstehen immer Lufthöhlen. Das geht bei handwerklicher Herstellung gar nicht anders. Zum Glück: Denn dann entsteht dieses aufregende und angenehme Mundgefühl durch die lockere Textur der Füllung.

Es kommt bei Maultaschen extrem darauf an, die richtige Konsistenz zu finden. Nur dann entsteht der perfekte Geschmack!

Lufthöhlen sind wichtig für Geschmack

Unsere Handgewickelten

Für die Füllung unserer Oma Lisbeths Maultaschen werden zehn Zutaten sanft gemischt, bis eine locker-leichte Farce entsteht, bei der man die verschiedenen Inhaltsstoffe noch erkennen und herausschmecken kann.

  • Unsere Füllung ist deshalb nicht maschinentauglich
  • Die Maultaschen werden von Hand gewickelt, wie früher von Oma Lisbeth zu Hause
  • Beim Garen entstehen zarte, saftige Maultaschen mit lockerer Konsistenz

Wie man heute aus der Mouthfeel-Forschung weiß, geht das auch nicht anders, wenn man herausragenden Geschmack erzielen möchte. 😊

Lockere Konsistenz zeigt sich besonders beim Anbraten

Nur eine Handgewickelte kann „eine wesentlich spektralere Erlebnistiefe“ schaffen, wie es Jürgen Dollase, der Gastronomiekritiker der FAZ und Texturexperte sagen würde.

Wir Schwaben können das deutlich einfacher auf den Punkt bringen:

’s goht nix über Handgwickelte!

Hm, einfach nur lecker!

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